Die Errichtung von Windenergieanlagen ist in Norddeutschland geübte Praxis. Niedersachsen zählt zu den Bundesländern mit den meisten Anlagen, Bremen hat sein Soll beim Windkraftausbau bereits erfüllt. Doch wie sieht es mit dem Ausbau von Solarenergieanlagen aus? Der LEE hat die aktuellen Zahlen des Marktstammdatenregisters der Bundesnetzagentur ausgewertet und den Zubau von Solarenergieanlagen im ersten Halbjahr 2024 analysiert.
Niedersachsen: Aktuelle Lage und Zubau im ersten Halbjahr 2024
Um das selbstgesteckte Ziel von 65 Gigawatt Solarleistung bis 2035 in Niedersachsen zu erreichen, müssten jährlich circa 4,75 Gigawatt installiert werden. Derzeit beträgt die installierte Leistung in Niedersachsen etwa 8 Gigawatt, was bedeutet, dass bis 2035 noch rund 57 Gigawatt hinzukommen müssen.
Im ersten Halbjahr 2024 stieg die Solarleistung um insgesamt etwa 800 Megawatt an. Hausdächer, Gebäude und Fassaden stellten mit 77 Prozent den Löwenanteil beim Zubau, gefolgt von Solarparks mit 18 Prozent. Balkonkraftwerke, obwohl zahlreich, steuerten nur 3,6 Prozent bei, während überdachte Großparkplätze weniger als zwei Prozent zum Zubau beitrugen.
Verzögerungen bei Solarparks
LEE-Solarexpertin Mona von Baumbach erklärt: „Der Zubau entwickelt sich auf Hausdächern, insbesondere von Einfamilienhäusern, positiv. Der nennenswerte Ausbau der Solarparks hat noch nicht begonnen. Aufgrund der Gesetzesänderungen auf Landes- und Bundesebene kam es zu erheblichen Verzögerungen, da den Gemeinden empfohlen wurde, zunächst Potenzialanalysen durchzuführen.Dadurch befinden sich viele Projekte nach wie vor in der Planung. Der zaghafte Zubau von 144 Megawatt im ersten Halbjahr spiegelt das wider. Wichtig ist, Speichermöglichkeiten direkt mitzuplanen, es sei denn, der Strom wird beispielsweise durch Wirtschaftsbetriebe sofort selbst verbraucht.“
Gemeinsame Einspeisepunkte für Wind und Solar nutzen, genügend Speichermöglichkeiten schaffen
Bärbel Heidebroek, LEE-Vorsitzende und Vizepräsidentin des Bundesverband Erneuerbare Energie, ordnet die Entwicklung aus bundesweiter Perspektive ein: „Wir stehen nicht nur in Niedersachsen und Bremen, sondern bundesweit vor der Herausforderung, dass wir den Zubau von Solarenergie im Zusammenspiel mit Windenergie und Speichermöglichkeiten denken müssen. Wichtig ist zum einen, dass bei der Einspeisung von Strom Wind- und Solarparks gemeinsame Netzverknüpfungspunkte nutzen und nicht ein Einspeisepunkt nur durch eine Erzeugungsart belegt wird.“
Heidebroek weiter: „Zum anderen sollte immer auch eine Speichermöglichkeit gebaut werden. Dies kann durch Elektrolyseure geschehen, die speicherbaren grünen Wasserstoff herstellen, oder durch Batteriespeicher, die den überschüssigen Strom zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgeben. Aus unserer Sicht sollte das systemdienliche Verhalten der Anlagen viel stärker berücksichtigt werden, also die passgenaue Einspeisung in das Stromnetz je nach Bedarfslage. Eine Analyse des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme zeigt, dass Strom aus Photovoltaikanlagen in Kombination mit Batteriespeichern inzwischen günstiger ist als Strom aus konventionellen Kraftwerken.“
Bremen: Aktuelle Lage und Zubau im ersten Halbjahr 2024
Die Enquetekommission „Klimaschutzstrategie für das Land Bremen“ hat ehrgeizige Ziele für den Solarausbau festgelegt. Bis 2030 soll die Solarleistung auf 500 Megawatt und bis 2038 auf 1000 Megawatt erhöht werden. Bisher wurden in Bremen etwa 119 Megawatt installiert, wobei der Solarpark auf den Dächern des Mercedes-Benz-Logistiklagers allein acht Prozent der Leistung liefert.
Im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete Bremen einen Zubau von knapp 18 Megawatt. Der Ausbau von Photovoltaikanlagen auf Hausdächern, Gebäuden und Fassaden dominiert mit 91 Prozent, während Balkonkraftwerke laut Marktstammdatenregister einen Anteil von sieben Prozent ausmachen. Es ist bemerkenswert, dass keine Großparkplätze oder Freiflächenanlagen errichtet wurden, was aus Sicht des LEE bedenklich ist.
Die vom LEE Niedersachsen-Bremen recherchierten Zahlen enthalten alle bis zum 07.08.2024 für Niedersachsen und Bremen gemeldeten Solaranlagen. Nachmeldungen und Korrekturen können die Zahlen noch verändern!
Die genaue Anzahl der bundes- und landesweit betriebenen Balkonkraftwerke ist unbekannt. Branchenschätzungen zufolge werden höchstens 20 bis 30 Prozent dieser Mini-Anlagen im Anlageregister erfasst.