Urteil zum Denkmalschutz in Goslar: Energiewende braucht jedes Dach – auch in der Altstadt
27.06.2025
Hannover, 27. Juni 2025 – Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat entschieden, dass die Eigentümer eines denkmalgeschützten Hauses in Goslar vorerst keine Solaranlagen auf dem Dach ihrer Immobilie anbringen dürfen. Der Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen | Bremen e.V. (LEE NDS/HB) sieht das Urteil mit Blick auf eine erfolgreiche Energiewende kritisch.
Aus Sicht des Verbandes verkennt die Entscheidung die Bedeutung des Klimaschutzes als gesamtgesellschaftliche und verfassungsrechtliche Aufgabe. „Der Schutz des Klimas ist seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2021 Verfassungsauftrag – auch auf kommunaler Ebene“, betont Silke Weyberg, Geschäftsführerin des LEE NDS/HB. „Ein wichtiger Baustein für das Gelingen der Energiewende sind möglichst energieautarke Städte. Dafür braucht es jedes Dach.“
Reversibilität berücksichtigen und stärker gewichten
In seiner Kritik bezieht sich der LEE NDS/HB auch auf die Bewertung des Eingriffs durch die Installation der Solaranlage. Diese könnten heute so installiert werden, dass sie später rückstandslos zurückgebaut werden können. Das historische Bauwerk werde dabei nicht zerstört, sondern bleibe im Kern erhalten.
Der „Eingriff“ sei also nicht vergleichbar mit einer strukturellen Veränderung, wie etwa einem Anbau oder einer Fassadenveränderung. Insbesondere moderne Solartechnik erlaube heute angepasste Lösungen, die sich auch in denkmalgeschützte Gebäude integrieren ließen. Der LEE NDS/HB fordert deshalb den Aspekt der Reversibilität zukünftig stärker zu gewichten als ästhetische Argumente.
Denkmalschutz und Energiewende nicht gegeneinander ausspielen
Auch das Argument einer möglichen „Präzedenzwirkung“, mit dem das Verwaltungsgericht sein Urteil begründet, wird vom LEE NDS/HB hinterfragt. Vielmehr könne ein genehmigtes Projekt mit denkmalgerechter Umsetzung als Vorbild für andere Häuser und Kommunen dienen. Es gehe nicht um eine Entwertung des Welterbes, sondern um dessen Zukunftsfähigkeit.
„Das Urteil setzt ein falsches Signal. Wir brauchen eine Denkmalpflege, die sich als Teil der Lösung versteht – nicht als Blockade“, fordert Silke Weyberg. „Wenn der Denkmalschutz keine modernen Lösungen zulässt, erreicht er am Ende genau das Gegenteil von dem, wofür er bestimmt ist. Belebte Stadtzentren mit attraktiven Wohnmöglichkeiten und damit einhergehender moderner energetischer Versorgung sind die Zukunft für historische Ensemble. Das hat auch die Landesregierung mit einem entsprechenden Erlass adressiert. Gerade vor dem Hintergrund verwundert das Urteil sehr.“