Im Rahmen seiner heutigen Pressekonferenz stellt der Fachverband Biogas e.V. die Branchenzahlen für 2022 und eine Prognose für das Jahr 2023 vor. Diese Jahre sind geprägt von einem zu geringen Zubau der installierten Leistung, die flexibel auf die Anforderungen im Stromnetz reagieren können. Ein größerer Abbau dieser regelbaren Leistung droht in den nächsten Jahren.
Die Anzahl der Biogasanlagen in Deutschland ist im Jahr 2022 um 77 auf 9.876 gestiegen. 107 neuen Anlagen stehen 30 Stilllegungen gegenüber – wobei der Neubau sich fast ausschließlich aus Güllekleinanlagen bezieht. Aus diesem Grund ist die installierte Leistung auch nur um 84 MW auf 5944 MW gestiegen. Gleichzeitig ist die Stromerzeugung aus Biogas im letzten Jahr nur marginal gestiegen, trotz der fossilen Energiekrise. Dies zeigt, dass die politisch ergriffenen Maßnahmen nicht stark genug waren, um die realen kurzfristigen Potenziale der Biogasanlagen zu heben.
In Niedersachsen sind im Jahr 2022 18 neue Biogasanlagen ans Netz gegangen, wovon zwei Anlagen außerhalb des Segments der Güllekleinanlagen bis 150 kW stammen. Insgesamt sind nun in Niedersachsen 1691 Biogasanlagen mit einer installierten Leistung von 1360 MW in Betrieb. Hier war im letzten Jahr lediglich ein geringer Zubau von gut 9 MW zu verzeichnen. Niedersachsen war bisher Spitzenreiter im Ausbau der flexiblen Ausgleichsenergie. Dieser Trend ist in diesem Jahr gebrochen. Unsichere Zukunftsaussichten, abschreckende genehmigungsrechtliche Vorgaben sowie die Erlösabschöpfung zeigen hier ihre Wirkung.
Biomethan bleibt weiter knapp
Auch bei der Einspeisung von zu Biomethan aufbereitetem Biogas tut sich wenig: gerade mal vier Anlagen gingen 2022 deutschlandweit ans Netz. Insgesamt speisten Ende 2022 242 Aufbereitungsanlagen rund 1,8 Mrd. Kubikmeter Biomethan ins Erdgasnetz. Die summierte Gasproduktion von Biogas und Biomethan in Deutschland (91 TWh) ersetzt rechnerisch 10,78 % des deutschen Erdgasverbrauches im Jahr 2022. Grundsätzlich ist mit einer zunehmenden Umstellung von Vor-Ort-Verstromungsanlagen in Richtung Biomethaneinspeisung zu rechnen. Einige hundert Einspeiseanfragen für neue Biomethananlagen belegen diesen Trend, der ebenfalls die mangelnde Attraktivität der Ausschreibungen für die Stromerzeugung andeutet. In Niedersachsen ist keine neue Biomethananlage in Betrieb genommen worden.
Wie geht es weiter mit der Biogasbranche?
Joost Kuhlenkamp, Experte für Biogasfragen beim LEE Niedersachsen-Bremen, schätzt die aktuelle Situation in Niedersachsen ein: „Die verschiedenen Produkte von Biogasanlagen sind aktuell eigentlich gefragt wie nie. Grüne Gase, Wärme und flexible Stromerzeugung sind Schüsselstellen der Energiewende. Trotzdem herrscht bei den Betreibern eine gewisse Ratlosigkeit. Die Ausschreibungsbedingungen gemäß EEG sind zu kurzfristig gedacht und auch ein Anschluss an das Gasnetz ist aktuell nur für sehr wenige Biogasanlagen wirklich umsetzbar. Hier wird es Zeit für einen Biomethanaktionsplan, wie von der EU gefordert.“
„Das Gebäudeenergiegesetz hat die Wärmewende weit oben auf die Agenda gebracht, entsprechend groß ist die Nachfrage auch nach Biogaswärme“, so Kuhlenkamp weiter. „Geringe Ausschreibungsvolumen, insbesondere für den Norden Deutschlands und kurzfristig ausgelegte Vergütungszeiträume stehen den großen Investitionen im Weg“.
LEE fordert mehr als Lippenbekenntnisse aus der Politik
Auch anhaltende Probleme mit dem Genehmigungsrecht stehen einer Weiterentwicklung des Anlagenparks im Wege. Ob es um den Mehreinsatz von Reststoffen, die Erweiterung von Gasspeichern oder von Wärmenetzen geht, werden den Betreibern häufig erhebliche Hindernisse in den Weg gestellt. Hier hat es bei aller energiepolitischen Ambition in Niedersachsen im vergangenen Jahr keine realen Verbesserungen gegeben. Auch die Task Force Energiewende lässt die notwendigen konkreten Entscheidungen vermissen. Das Land Niedersachsen ist hier gefordert, ihre energiepolitische Aktivität auch im Bereich Biogas endlich anzugehen. Herausforderungen und Aufgaben gibt es zu Genüge.
Die kompletten Branchenzahlen mit den dazugehörigen Grafiken finden Sie hier.